Mittwoch, 1. März 2017




Mein Januar

Jetzt bin ich schon seit sechs Monaten in Bolivien!!!
Ich bin leider ein bisschen in Verzug mit meinen Blogeinträgen gekommen, aber jetzt mache ich mich mal ans Schreiben, um Euch von meinen letzten zwei Monaten zu berichten.
Also ich beginne mal chronologisch mit Anfang Januar. Nach meinem Chile-Urlaub ging es erstmal wieder ans Arbeiten, aber da in meinem Projekt jetzt das Direktorium neu gewählt wurde, gab es nicht so viel zu tun, da alle nicht wussten, wie es genau weitergeht. Jetzt wurde gewählt und alles kehrt langsam zur Normalität zurück und ich werde jetzt höchstwahrscheinlich in dieser Woche eigene Projekte beginnen, über die ich Euch dann später mehr erzähle.
Anfang Januar sind noch zwei dänische Freiwillige für zwei Monate in meine Familie eingezogen, die sehr nett sind, aber diese Woche Freitag leider schon wieder abreisen.
Vor allem am Anfang habe ich viel zwischen der Familie und ihnen gedolmetscht, was mich schon stolz gemacht hat, weil ich vor 4 Monaten noch die war, die einen Dolmetscher brauchte.
Weil sie nur für zwei Monaten in Bolivien sind, wollten sie natürlich an den Wochenenden so viel wie möglich vom Land erkunden und so sind wir fast jedes Wochenende im Januar und auch im Februar irgendwo anders gewesen.
Unser erster Ausflug führte uns nach La Paz. In La Paz hat sich für mich noch mal ein ganz anderes Bild von Bolivien offenbart, weil es wirklich eine zwar ziemlich chaotische, aber relativ moderne Großstadt ist und total anders als das kleine und ruhige Sucre ist, was für mich bis jetzt das Bild von bolivianischen Städten geprägt hat. La Paz ist echt eine Stadt, die man mal gesehen haben muss. Die Innenstadt liegt in einem Talkessel, aber alle steilen Berghänge rundherum sind bis obenhin mit Häusern bebaut, was wirklich total beeindruckend aussieht. Die Hänge sind mit dem Zentrum durch Gondelbahnen verbunden und so fährt man schnell mal auf über 4000m hoch, um dann aus El Alto einen beeindruckenden Blick auf die Stadt zu haben. In El Alto habe ich dann auch die Höhe gespürt und war froh, dass die anderen Kokablätter dabei hatten, die gekaut oder als Tee echt super gegen die Höhenkrankheit helfen. Ich habe auch noch nie in einer anderen Stadt so große, sichtbare Gegensätze zwischen Arm und Reich gesehen. Vor allem aus der Gondelbahn sieht man die extremen Gegensätze. Man fährt an riesigen Grundstücken mit großen Villen und Kameraüberwachung vorbei und 10 min später befindet man sich über unverputzten Hütten ohne Fenster.

Neben einiger Seilbahnfahrten haben wir eine Stadtführung gemacht, die sehr interessant war, weil wir viel über die alten Glaubensvorstellungen im Raum La Paz gelernt haben, die nach den Erzählungen des Guides noch immer stark in den Menschen verwurzelt sind. Außerdem  haben wir viel über die Gefängnisstadt "San Pedro" erfahren, wo sich die Gefangenen selber verwalten. Wir haben den Hexenmarkt besucht, wo man Lamaföten (die aber auf natürliche Weise gestorben seien sollen), die man im Boden vergräbt bevor man ein Haus baut, allerhand Pülverchen für verschiedene Belange und die Zutaten für einige Rituale kaufen kann. Zudem sind wir ins "Valle de la Luna" gefahren, wo man beeindruckende Felsformationen besichtigen kann.

An meinem letzten Tag in La Paz bin ich nach Tiwanaku gefahren. Tiwanaku ist eine alte Ruinenstätte, von einer Kultur, die noch vor den Inkas gelebt hat. Wir hatten einen Guide, der uns einiges über ihr Leben, die Rituale und Glaubensvorstellungen erzählt hat und man konnte sich das Sonnentor, einige behauene Monolithen, den ehemaligen Friedhof und einige andere ziemlich gut erhaltene Ausgrabungsstücke angucken, die sehr beeindruckend waren, wenn man bedenkt wie alt diese Stätte schon ist.

Jedem, der mal nach Südamerika fährt, kann ich nur empfehlen, La Paz auf der Reiseroute mit einzuplanen.
Zwei Wochen später sind wir am Wochenende nach Potosí gefahren, eine Stadt, die zu den höchstgelegenen Städten der Welt gehört und im frühen 17. Jahrhundert, aufgrund ihres Reichtums durch die Förderung von Silber, eine der größten Städte der Welt war.

Am Samstag haben wir uns die "Casa de la Moneda" angeguckt. Das ist ein Museum im Gebäude einer bedeutenden, ehemaligen Münzprägeanstalt. Das Museum soll eines der schönsten in Südamerika sein und ist wirklich sehr interessant, weil es den ganzen Prozess der Münzherstellung und Prägung darstellt und noch die alten Werkzeuge in ihrer ursprünglichen Form vorhanden sind.

Der Grund unseres Besuchs in Potosí war aber eigentlich der Besuch der Minen im "Cerro Rico", wo Silber und Zinn abgebaut wird. In den Minen wird heute noch gearbeitet, unter Bedingungen, die wirklich furchtbar sind und ohne adäquates Werkzeug. Wir haben unsere Tour bei einer Agentur gebucht, die von Ex-Minenarbeitern betrieben wird und die Teile ihres Erlöses dafür einsetzt, dass die Bedingungen für die Minenarbeiter verbessert werden. Zu Beginn unserer Tour wurden wir mit Helm, Lampe und Kleidung ausgestattet und fuhren dann auf den Markt der Minenarbeiter, wo wir Geschenke für die arbeitenden Miner kauften. Wahrscheinlich ist dieser Markt einer der einzigen Orte auf der Welt, wo man einfach so in einer "Tienda" Dynamit kaufen kann. Wir kauften Kokablätter, Getränke und Dynamit und fuhren dann zum Eingang der Minen. Dort trafen wir auf eine Gruppe von Minenarbeiter, die gerade im Begriff waren in die Mine zu gehen um zu arbeiten. Unser Guide fragte sie ein bisschen aus und sie erzählten uns, wie lange sie schon Untertage arbeiteten und wie alt sie waren. Der Jüngste von ihnen war 15 und sein großer Bruder war 30 und arbeitete schon seit er 13 Jahre alt war in den Minen. Aufgrund der Bedingungen in der Mine und der giftigen Stoffe, die sie tagtäglich einatmen, liegt die Lebenserwartung der Bergarbeiter zwischen 40-50 Jahren. Wir waren schon geschockt, bevor wir überhaupt die Minen von innen gesehen hatten. In den Minen war es sehr eng, man stieß sich entweder den Kopf oder stolperte, weil sich die Höhe der Tunnel ständig änderte und wir auf den Schienen der Lore liefen. Ich bekam unglaublich schlecht Luft und die ganze Luft war voll mit Staub. Das Herz schlug ganz schnell und es wurde noch schlimmer, wenn man schnell laufen musste, um der kommenden Lore auszuweichen. Nachdem wir eine gewisse Weile in den Berg hineingelaufen waren, zeigten unsere Guides auf ein Loch im Boden, wo wir runterklettern sollten. Wir krabbelten und robbten durch einen engen Tunnel, der uns noch mal 60m tiefer führte, wo wir auf die Arbeiter trafen, die Gestein in eine große Wanne schaufelten, um es dann mit einem Seilzug auf die erste Etage zu befördern, von wo es dann mit der Lore nach draußen befördert wurde. Durch das Schaufeln wurde noch mehr Staub aufgewirbelt und trotz Schal vor Nase und Mund fiel das Atmen noch schwerer und die Arbeiter arbeiteten sogar ohne Mundschutz. Ich wollte einfach nur noch raus. Als wir am Ende des Ganges das Tageslicht wieder sahen, waren wir einfach nur froh wieder rauszukommen. Es war ein beeindruckendes Erlebnis, aber nicht im positiven Sinne und es hat gezeigt, wie das Leben auch sein kann.





Weil der Text zu lange werden würde und ich nicht so viel Fotos auf einmal hochladen kann, werde ich einen gesonderten Blogeintrag über unseren Ausflug in den Dschungel und das Karnevalswochenende schreiben.

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