Wow, jetzt ist schon der erste Monat rum! Ich kann es noch
gar nicht fassen. Ich habe hier schon so viel erlebt, dass man damit gut und
gerne auch 3 Monate füllen könnte, aber trotzdem habe ich nicht das Gefühl,
dass der erste von zwölf Monaten schon rum ist.
Bis jetzt bin ich glücklich mit meiner Entscheidung ein Jahr
hier zu leben und hoffe, dass das auch bis zum Ende so bleibt. Natürlich gibt
es auch die Momente, in denen ich am liebsten nach Hause würde, aber die
positiven Momente überwiegen definitiv. Am Anfang letzter Woche haben es die
Bakterien hier dann leider doch nicht so gut mit mir gemeint und ich durfte für
drei Tage das Bett hüten. Und was gibt es besseres, als einen heißen Tee von
Mama oder Papa wenn man krank ist?! Nichts. Nur leider ist meine Familie tausende
Kilometer weg und ich bin in einem Land, in dem ich die Sprache nicht richtig
spreche und versuche verständlich zu machen, was ich habe und was ich brauche.
In solchen Momente überkommt mich dann schon das Heimweh und ich kann mir
nichts Schöneres vorstellen, als einfach zu Hause zu sein. Aber
glücklicherweise gibt es ja meine Lieblingsmenschen, die mir genau für solche
Momente ganz viel Balsam für die Seele in Form von Karten, Briefen und Fotos
mitgegeben habe :) Danke dafür nochmal :) Und glücklicherweise macht es das
Handy ja möglich, schnell mal anzurufen, um vertraute Stimmen und aufmunterte
Worte zu hören.
Sonnenuntergang auf dem Weg nach Hause |
Mitte der Woche ging es mir endlich wieder gut und ich
konnte wieder in die Sprachschule gehen und hatte am Donnerstag meinen ersten
Arbeitstag. Der erste Arbeitstag begann erstmal mit Warten, das wird hier
"tiempo boliviano" genannt, denn pünktlich kommt hier nach meiner bisherigen Erfahrung selten jemand.
Die ersten sechs Arbeitstage habe ich nun damit verbracht
den Bestand der Mini-Bibliothek der Organisation zu kontrollieren und neue
Bücher aufzunehmen. Die Organisation ist sehr klein und so weit ich es
verstanden habe, besteht sie nur aus meinem Chef Rene und der Sekretärin Sonja.
Die Verständigung klappt ganz gut, da sich mein Spanisch durch den Sprachkurs und
meine Gastfamilie schon deutlich verbessert hat und durch das Abschreiben der
Buchtitel kommen immer neue Wörter hinzu. Bei denen handelt es sich zwar
meistens um ökologische Fachbegriffe, aber die kann man bestimmt
auch noch einmal gebrauchen :)
Das letzte Wochenende haben wir dann am Freitagabend bei
einem Open-Air Jazzkonzert in einem der wunderschönen Innenhöfe hier
eingeleitet.
In diesem Nirgendwo hat uns der Bus abgesetzt. |
Die einsame Straße |
Am Samstagmorgen hieß es dann früh aufstehen, weil wir
zusammen mit Oscar außerhalb der Stadt wandern wollten. Wir fuhren also mit
einem klapprigen Bus aus der Stadt und wurden nach 45 min auf 3500 m im
Nirgendwo abgesetzt. Wir waren alle sehr verdattert, aber Oscar sagte, dass wir
richtig sind und hier der Weg beginnt. Die Wanderung war wirklich wunderschön,
aber sehr anstrengend, weil uns die Sonne den ganzen Tag auf den Kopf schien
und man die 3500m schon an seiner Kondition merkt. Aber es hat sich definitiv
gelohnt. Die Landschaft war wirklich unglaublich: schroffe Felsen, gelber Sand
und verschieden farbige Erden. Zurzeit ist alles hier noch sehr ausgetrocknet,
da noch Winter und damit Trockenzeit ist, aber wir wollen die Wanderung wiederholen,
wenn alles grün ist. Das Endziel unserer Wander- und Klettertour, waren dann
eine Höhle und eine überhängende Felswand mit ganz alten Höhlenmalereien. So
etwas einmal in echt zu sehen ist schon beeindruckend! Aber der besondere
Höhepunkt dieses Ausflugs war eigentlich die Rückfahrt. Eigentlich wollten wir
um 15.30 Uhr den gleichen Bus zurücknehmen. Als wir dann gegen 15 Uhr Oscar
fragten, ob wir den Bus überhaupt schaffen, sagte er, dass wir das
höchstwahrscheinlich nicht tun werden. Wir waren alle etwas verdutzt und
fragten ihn, wie wir denn sonst wieder zurückkommen sollten, denn wir waren
wirklich im Nirgendwo und es fuhren fast keine Autos auf der sandigen Straße.
Oscar wirkte ganz entspannt und sagte, dass wir schon ein Transportmittel
finden würden, wir waren da nicht so entspannt. Zufällig hatten wir das Glück,
dass nach kurzer Wartezeit auf der Straße wirklich ein Auto kam, in dem nur ein
Fahrer saß, der einwilligte, uns alle mitzunehmen. Wir waren aber 7 Personen und
es war ein kleiner PKW! Die Lösung sah dann so aus, dass drei Leuten im
Kofferraum saßen, drei auf der Rückbank und ich den Luxus hatte vorne sitzen zu
dürfen. Das Bild war schon sehr lustig, wie wir alle in diesem kleinen Auto
saßen. Die Fahrt war dann auch sehr abenteuerlich, weil wir mit diesem alten
klapprigen Auto auf einer sandigen, schmalen Straße direkt am Abgrund fuhren
und dann uns auch noch ein Bus entgegen kam, aber glücklicherweise ging alles
gut und wir kamen abends erschöpft aber glücklich wieder in Sucre an.
Ein Ausschnitt der Höhlenmalerei |
Zu 8 in einem kleinen PKW ist schon eine besondere Erfahrung |
Verkehr ist hier aber eh ein Thema für sich. Verkehrsregeln
scheint es nicht wirklich zu geben, es gilt: Wer als erstes hupt, fährt zuerst!
Und am lustigsten sind die getuneten, alten Autos, die klingen als wären sie
200 km/h schnelle Ferraris und dann neben einem mit 15 km/h den Berg hoch
kriechen.
Am Sonntag waren wir dann bei der Gastfamilie von Patricia
und Josh zum gemeinsamen Kochen und Mittagessen eingeladen. Die Familie ist
wirklich sehr nett und sie wollen das jetzt jeden Monat wiederholen.
Diese Woche war ich dann mit der Sprachschule eine
Bierfabrik besuchen. Bei der Führung habe ich zwar nicht sehr viel verstanden,
aber das Bier hat geschmeckt ;) Ansonsten habe ich gearbeitet, war noch einmal
im Theater und im Kino und habe viel Spanisch gelernt und abends mit meinen
kleinen Gastgeschwistern "UNO" und "Mensch ärgere dich nicht"
gespielt. Gestern ist dann Michi für 10 Tage nach Amerika geflogen und ich bin
jetzt erst einmal alleine in der Familie, mal gucken wie es ohne seine
Übersetzerdienste so klappt ;)
Das war es erstmal an Neuigkeiten :) Ich freue mich immer
sehr etwas von Euch zu hören :)
Ganz liebe Grüße
Sophia